Man sagt die Insel mit ihren markanten Bergen und palmengesäumten Stränden sei magisch. Uns empfängt die Rodney Bay auf St. Lucia erst mal mit strömendem Regen und Windböen bis 38 kn. Weil die Sicht nahezu Null ist und vor der sehr engen Einfahrt in die Marina bereits im Hafenhandbuch gewarnt wurde, warten wir lieber vor Anker in der davor liegenden Bucht. Als der Regen etwas nachlässt, rufen wir per Funk die Marina und lassen uns einen Platz zuweisen. Wir fahren durch den engen Kanal, den man wirklich nur bei Tage und guter Sicht passieren sollte, wenn man sich hier nicht auskennt, und treffen gleich am Anfang Wojtek mit seinem Dinghi, der uns den Weg erklärt und dann mit den Marineros beim Anlegen hilft. Zu Wojtek in einem separaten Bericht mehr. Per Funk erwarten wir die Ankunft der Iris und kurz darauf der Canta Libre. Beiden können wir Tipps geben und helfen. Bei beiden Anlegemanövern durchnässt uns abermals strömender Regen. Ey, jetzt reicht es aber! Okay, wir sind hier in den Tropen und gewöhnen uns daran, dass es jeden Tag mehrmals sintflutartig regnet. Kurz darauf scheint aber sofort wieder die Sonne bei 30 Grad Celsius.
Das Einklarieren ist relativ unproblematisch. Wir haben keine Krankheiten, verwesenden Leichen oder blinde Passagiere an Bord. Einzig unser Waffenarsenal erregt wieder mal Aufmerksamkeit. Zwei schick uniformierte Offizielle kommen an Bord, inspizieren im Schweiße ihres Angesichts unsere Waffen und zählen jede einzelne Patrone. Mittlerweile haben wir die Munitionsliste korrigiert, aber ein paar Patronen in einem zusätzlichen Magazin vergessen. Mist! Gut, das wird nachgetragen. Dann wird eine Schubkarre vorgefahren, alles eingeladen und abtransportiert. 24 Stunden vor unserer Abreise müssen wir Bescheid sagen, dann bekommen wir wohl alles wieder zurück.
Im Hafen der Rodney Bay liegt man sehr geschützt und ruhig. Für europäische Yachten gibt es sogar Strom mit 220 Volt und 50 Hz. Roger und Nicolas spüren einen kurzweiligen Taxifahrer auf, von dem wir uns in einer ganztägigen Tour nahezu die gesamte Insel zeigen lassen. Auf der mehr oder weniger einzigen größeren Straße, die sehr kurvenreich ist, fahren wir erst mal Richtung Süden und passieren zunächst Castries, die Hauptstadt von St. Lucia. Von einem höher gelegenen Aussichtspunkt können wir über den Hafen von Castries schauen, der als einer der besten der Westindischen Inseln gilt. Von hier aus werden vor allem Bananen, Reis und Mehl, aber auch Zuckerrohr, Sirup, Kakao, Kokosnüsse, Öle und exotische Früchte exportiert. Nach dem Blick über die malerische Marigot Bay gönnen wir uns ein paar Tröpfchen in einer Rum Destillerie. Von süß mit Kokos bis hin zu 80%gem herbem Rum gibt es hier alles. Einigermaßen angeheitert ziehen wir weiter Richtung Anse La Raye und Canaries. Bei Soufrière besuchen wir die „wohl riechenden“ Schwefelquellen. David, Roger und Nicolas genießen ein angeblich verjüngendes Schlammbad. Von einem nahe gelegenen Restaurant aus können wir den schönsten Busen der Karibik betrachten: Den kleinen und den großen Piton. Wirklich eine phantastische Aussicht! Das Gebiet um die zwei inaktiven Vulkane steht auf der Liste des UNESCO-Weltnaturerbes.
St. Lucia ist eine Insel „über dem Wind“, d.h. dem Passatwind zugewandt, was ihr eine für die Vegetation günstige, regelmäßige Feuchtigkeit einbringt. Christoph Kolumbus entdeckte das Eiland etwa im Jahr 1500 auf seiner dritten Reise. Die Ureinwohner St. Lucia´s nannten die Insel Iouanalao, was so viel bedeutet wie = „dort, wo der Leguan lebt“. Den heutigen gebräuchlichen Namen prägten französische Seeleute, die am 13. Dezember 1502, dem Gedenktag der heiligen Jungfrau und Märtyrerin Lucia Syrakus, Schiffbruch erlitten. 1650 besiedelten zunächst Franzosen die Insel. 1663 wurde sie an Barbados verkauft. Nach dem Beschluss des Wiener Kongresses 1814 erhielt das Vereinigte Königreich den Anspruch nach mehrmaligem Besitzwechsel zwischen selbigen und Frankreich. Durch die Erlangung der Unabhängigkeit am 22. Februar 1979 wurde St. Lucia eine parlamentarische Monarchie und ist Mitglied im Commonwealth of Nations. Die heutige Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Schwarzafrikanern, die Nachkommen der Sklaven der Kolonialzeit sind. Unsere Rundreise führt uns weiterhin über Laborie und Vieux Fort, wo sich der internationale Flughafen befindet. Wir verköstigen uns in einer idyllischen Bucht, kaufen Brot aus der Tapiokawurzel und pflücken eine Kakaoschote. Unterwegs reparieren Daniel und Roger noch behelfsmäßig den Keilriemen unseres Gefährts. Kurz vor Sonnenuntergang genießen wir die Aussicht über den Küstenort Dennery mit seinen vorgelagerten Felsen und treten müde und zufrieden die Rückfahrt in die Rodney Bay an. Wir verbringen noch ein paar sehr schöne Tage mit unseren Segelfreunden bei Billard und Rumpunsch. Jeden Freitag findet im nahe gelegenen Gros Islet eine street party statt, bei der Conch Muscheln und Lobster verzehrt werden können. Leider ist es dann soweit, dass die anderen uns verlassen müssen. Roger und Nicki fliegen wieder nach Hause in die Schweiz. Kathrin und David gehen Richtung Trinidad. Dort werden sie ihre Iris aus dem Wasser nehmen und hurrikansicher in eine Werft stellen. Sie müssen nach Hause und erst einmal wieder arbeiten. Heinz geht mit seiner Canta Libre mit. Wir haben noch ein paar Monate Zeit und wollen erst mal weiter nach Norden.
Geschafft haben wir auch einiges. Zuerst einmal haben wir unsere tapfere ME von oben bis unten reinigen lassen. Das Deck, das Unterwasserschiff und sämtliche Edelstahlteile hatten das dringend nötig. Außerdem haben wir unser AIS checken lassen. Da der Mechaniker hier aber irgendwie keine Ahnung hatte, hat Daniel das selbst in die Hand genommen und festgestellt, dass das Gerät defekt ist. Wahrscheinlich ist das passiert, als wir vor ein paar Monaten nochmal in der Werft in Alicante waren und bei einem heftigen Gewitter in der Nähe von uns ein Blitz eingeschlagen hat, wobei die Geräte komplett ausfielen. Nach dem Reseten ging zwar erst mal wieder alles, aber seitdem hat das AIS immer wieder Fehler gezeigt, bis es dann kurz vor Mindelo endgültig futsch war. Hier ein neues Gerät zu erwerben, ist nicht gerade preiswert und, da unsere Bootsnachbarn Wojtek und Elli gerade zufällig nach Düsseldorf fliegen, bringen sie uns ein neues AIS mit. Jetzt funktioniert es wieder und ihr könnt uns über www.vesselfinder.com sehen. Außerdem haben wir endlich wieder unsere E-Mail-Adresse www.sy.me@trans-ocean.org aktivieren können, die wir lange nicht abrufen konnten. Sorry, wenn jemand eine E-Mail darauf geschrieben hat und wir nicht geantwortet haben. So versuchen wir jeden Tag ein Stück von unserer To-Do-It-Liste zu schaffen. Natürlich möchten wir aber auch die Zeit hier genießen. Nächsten Mittwoch geht es weiter Richtung Martinique.
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Liebe Annett und lieber Daniel,
vielen Dank dass Ihr uns an Eurem Traum teilhaben lässt. Die Berichte und Bilder sind wunderbar. Mach weiter so Annett! beste Grüße Alex und Franca
Hey was ist los? Zuletzt habt Ihr am 28. Geschrieben. Wir haben fast jeden Tag geschrieben. Wir wollen wissen was ab geht.
Heyyy ihr!
Schön wie ihr schreibt! Viel Spass auf Martinique!
Wir vermissen euch! David und Kathrin
Hallo Annett, hallo Daniel,
bei dem tollen Artikel über St. Lucia und den fantastisschen Bildern kommt bei uns schon richtiges Karibik-Feeling auf, da uns Flora und Fauna sehr an Kuba erinnern.
Eure aktuelle AIS-Position ist noch im Hafen von St. Lucia – wollt Ihr noch ein wenig bleiben, bevor Ihr Euch nach Martinique aufmacht?
Wir wünschen Euch auf jeden Fall weiterhin eine gute Zeit und senden Euch liebe Grüße aus dem kalt-verregneten Heinsberg in die wohlige Wärme.
Barbara & Rainer
Hallo Daniel und Annett… super schöne alles …viel spass….und avontuur…
Bitte hier findest du die marina aus Baranquilla von Javier: http://www.marinapuertovelero.co/
freundliches Grussen
Luc